ADS/ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung, die sich durch Symptome wie Unaufmerksamkeit und Impulsivität, evtl. auch Hyperaktivität zeigt. Sie beginnt in der Kindheit und setzt sich im Erwachsenenalter fort.
Das Leid von ADHS-Betroffenen wird oft nicht ernst genommen, dabei ist ADHS eine ernsthafte und beeinträchtigende Störung, die die Betroffenen in ihrem Handeln und Lebenserfolg hoch einschränken kann. Aber Sie ist behandelbar mit Medikamenten und Psychotherapie, so dass trotz ADHS ein glücklicher und erfolgreicher Alltag gestaltet werden kann.
Symptome
Die Symptome von ADHS wirken sich von Geburt an in sozialen Beziehungen, Schule und Arbeit erschwerend aus. Die seelischen Verletzungen, welche ADHS-Betroffene seit Kindheit erleben, sind oft (komplex) traumatisierend. Das Leid eines Lebens mit ADHS erschöpft sich deshalb nicht mit den eigentlichen ADHS-Symptomen. Wer andauernd und in allen Belangen durch seine Symptomatik in seiner Entwicklung und Lebensbewältigung behindert wird, steht oft ein Leben lang im Konflikt mit Eltern, Lehrern, Vorgesetzten, den eigenen Kindern, PartnerInnen, mit sich selbst und gelegentlich auch mit dem Gesetz.
Bis in die tiefsten Schichten ihrer Seele halten viele ADHS-Betroffene sich aufgrund ihrer negativen Lebenserfahrungen für unfähig und dumm. Ihrer Zerstreutheit und Vergesslichkeit wegen wirken sie unzuverlässig und haben oft chronische Scham- und Schuldgefühle. Ihre Begeisterungsfähigkeit für Neues lässt sie immer neue Projekte anreißen, was bei vielen zu Erschöpfungsdepressionen oder Burnout führt. Schulische Minderleistungen und deren Folgen, berufliches Versagen, Sucht, Delinquenz, Unfälle, Scheidungen, Verschuldung usw. können typische schmerzhafte Lebenssituationen vieler ADHS-Betroffener sein. Die erlernten negativen Grundannahmen über die eigene Unfähigkeit, ständig neu genährt durch die alltäglichen Auswirkungen der bestehenden neurokognitiven Funktionsstörungen, fördern eine unheilvolle Misserfolgserwartung und führen immer tiefer in einen Teufelskreis, aus dem herauszukommen den meisten ADHS-Betroffenen ohne psychotherapeutische Hilfe schwerfällt, obwohl das Internet voller hilfreicher Inhalte ist, sowohl von Fachpersonal als auch von Betroffenen selbst.
ADHS reduziert sogar die Lebenserwartung im Vergleich zur Normalbevölkerung. Im Durchschnitt um 9 bis 13 Jahre. Bei mindestens einem Drittel kann sogar von einer Reduktion der Lebenserwartung von 20 Jahren ausgegangen werden. Wodurch? Durch Unachtsamkeits-Unfälle schon vom Kindesalter an, ungesunde Lebensweise, Fehlernährung, Schlafprobleme, Alkohol und andere Drogen, Tabakkonsum, Beeinträchtigungen, ein Auto zu führen, antisoziale Aktivitäten, reaktive Aggressionen, Gewalt in ihren Beziehungen u.v.a. Risikofaktoren mehr, die sich auf die Statistik der Lebenserwartung auswirken.
Und die angeblich so positiven Seiten von ADHS?
Natürlich ist es richtig, auch positive Seiten und Fähigkeiten eines Menschen mit ADHS zu sehen. Das macht Mut und gibt Selbstbewusstsein und Hoffnung. Aber es ist perfide, ADHS zu bagatellisieren und zu einer Gabe umzuetikettieren, die den Normalos fehlt und für die man ADHS-Begabte beneiden sollte. Ja, Menschen mit ADHS sind liebenswert, oft kreativ, altruistisch und überraschen mit Denken out of the box. Aber sie kämpfen jeden verdammten Tag mit aller Kraft gegen die Fallstricke ihrer Symptomatik.
Bagatellisierung Nr. 1: „Sie haben häufig eine bessere Intelligenz als sie selbst und ihre Umgebung vermuten.“ Heißt das nicht doch, dass ADHS-Betroffene es besser könnten, wenn sie nur wollten? So, wie es zu Schulzeiten im Zeugnis in der Kopfnote immer gestanden ist? Menschen mit ADHS können ihre Fähigkeiten nicht zu jeder Zeit beliebig abrufen.
Bagatellsierung Nr. 2: „Gib ihnen Ideenfreiheit, gepaart mit Selbständigkeit. Füttere sie mit einer interessanten Problemstellung, dann scheuen sie in ihrer Begeistungsfähigkeit kein Risiko. Haben sie ein Spezialinteresse für sich entdeckt, sind Wissbegierde und Arbeitseinsatz grenzenlos.“ Stimmt, bis zur Erschöpfung.
Bagatellisierung Nr. 3: „Sie lieben das Neue und die Abwechslung, deshalb verfügen sie oft auch über mehrere Berufe und abgeschlossene Qualifikationen.“ Wie sehen die Betroffenen das selbst? Als Superqualifikation oder erleben sie es als sich wiederholendes Scheitern?
Bagatellisierung Nr. 4: „Menschen mit ADHS haben besondere Fähigkeiten, außergewöhnliche Wege zu gehen. Nicht selten sind es Spitzenleistungen, die diese Menschen vollbringen.“ Wie toll ist es doch eine neurologische Störung zu haben, die ganz sicher auch Mark Twain und Albert Einstein hatten! Also: –vielleicht jedenfalls. Wirklich weiß das ja niemand. Und: Was nützt es den Betroffenen?
Unaufmerksamkeit zeigt sich z.B. in der Schwierigkeiten, Aufgaben zu organisieren, Details zu beachten, Anweisungen zu befolgen, ablenkende Reize zu ignorieren, langweilige oder repetitive Aufgaben auszuführen, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, Zeit und Termine im Blick zu behalten u.ä…
Impulsivität kann sich zeigen in Schwierigkeiten, auf die passende Gelegenheit zu warten, bevor man handelt oder spricht, unpassende Kommentare zu machen oder Fragen zu stellen, Aufgaben nicht zu Ende zu bringen, bevor man zur nächsten übergeht, und unüberlegte Entscheidungen zu treffen. Das unreflektierte Anspringen auf jede „gute Idee“ und das Sammeln von Ideen in unendlichen To-do-Listen, die nie erledigt werden (können) ist ebenso auffällig wie das Gegenteil, eine sonderbare Art „exekutorischer Lähmung“, die gern als Aufschieberitis bezeichnet wird, bei der aber quälende Unfähigkeit erlebt wird, überhaupt mal einen Anfang zu finden, das zu tun, was man tun möchte.
Motorische Hyperaktivität kann sich in der Unfähigkeit äußern, still zu sitzen, im Drang, ständig zu zappeln, herumzulaufen, zu klettern oder zu rennen, übermäßig zu reden oder zu handeln, als ob man angetrieben wird. Naturgemäß ist das bei Kindern häufiger zu beobachten, während Erwachsene oft gelernt haben, solche Impulse mit der Folge großer innerer Anspannung zu unterdrücken. Motorische Hyperaktivität fehlt bei den „ADHSlern ohne H“, den verträumten, verpeilten, die ihre erste Zufallsdiagnose mit 65 bekommen, nach einem in vielerlei Hinsicht in den Sand gesetzten Leben in stiller Verzweiflung.
ADHS ist eine Behinderung
Sie ist keine Erkrankung, die mal kommt und wieder geht, wie bspw. eine depressive Episode. Sie ist chronisch und von Geburt an. Beschwerdefrei ist man so gut wie nie. Symptom- und beschwerdefreie ADHS ist keine ADHS. Begabungen können nur erschwert oder gar nicht entwickelt und in Erfolg verwandelt werden.
Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für ADHS, einschließlich Medikamente, Psychotherapie sowie Anpassungen im Lebensstil, die im Idealfall alle zusammenwirken. Medikation alleine hilft nicht. Eine Diagnose und Behandlung kann den Betroffenen helfen, ihre Symptome besser zu bewältigen und trotz der Behinderung ein gutes Leben zu führen. Auch wenn ADHS nicht heilbar ist, können die Symptomatik und ihre Folgen doch vielfältig gemildert werden. Man kann lernen, sein Leben auch mit ADHS gut und gelingend zu gestalten.
Um die Diagnose einer ADHS zu stellen, müssen die Symptome in mehreren Lebensbereichen vorhanden sein, wie zum Beispiel in der Schule, zu Hause oder bei der Arbeit, und sie müssen einen erheblichen Einfluss auf das tägliche Leben haben. Die Symptome müssen auch vor dem 12. Lebensjahr begonnen haben und mindestens 6 Monate anhalten. Ausschlussdiagnosen müssen beachtet werden.
Hier finden Sie einen kurzen Fragebogen, der Ihnen hilft abzuschätzen, ob Sie von ADHS betroffen sein könnten. Er stellt keine Diagnostik dar. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie viele Antworten positiv beantworten müssen, sondern bemühen Sie sich dann möglichst bald um eine fundierte Diagnostik und Ausschlussdiagnostik, damit Sie ggfs. möglichst rasch mit einer Behandlung beginnen können, die Sie unterstützt, Ihr Leben trotz ADHS glücklich und erfolgreich zu gestalten.